Vermutlich werden die wenigsten unter euch im Zoo leben und als Sohn eines Zootierarztes ein Mindestmaß an Sicherheit zur Verfügung gestellt bekommen. Es kann auch sein, dass man sich nicht in die Sowjetrepublik des Jahres 1954 hineinversetzen kann und mit dem „Stählernen“, Generalsekretär des Zentralkomitees, Josef Petrowitsch abhängen muss. Doch dies ist nicht unsere Geschichte, sondern die des Juri Zipit, der gleich zu Beginn des lustigen, traurigen, spannenden, interessanten und gleichzeitig abstrusen Romans festhält, dass alles wahr sei, naja, fast alles.
Der zwölfeinhalbjährige Junge Juri Zipit lebt mit seinem Vater im Zoo, wo sich der Tierarzt vor allem den Elefanten verschreibt. Eines Tages wird er jedoch im Morgengrauen von gut gekleideten Männern abgeholt. Juri kann er gerade noch mitnehmen, indem er ihn als seinen persönlichen Assistenten ausgibt. Die beiden sollen einen hohen „Genossen“ untersuchen, obwohl Dr. Zipit wahrheitsgemäß angibt, ein Tierarzt zu sein und keiner für Menschen. Das ist den Männern aber egal, denn der Erkrankte wägt in jedem Menschenarzt einen Verbrecher.
Die Zustände, die während des Aufenthaltes von Juri immer eigenartiger werden, treiben das Buch voran. Es ist spannend, fesselnd, aber auch traurig und lustig zugleich. Einmal wundert man sich über den seltsamen Jungen, der schon mehr Katastrophen überlebt hat, als manch 100-Jähriger, dann fühlt man wieder mit ihm mit und denkt sich, dass ein Job als Vorkoster für einen in der Politik verankerten Menschen – der auch in den eigenen Reihen Neider und Feinde hat – vielleicht nicht so toll sei.
Diese Geschichte ist herzzerreißend und zum Schluss traurig, macht mit einem offenen Ende, das jeder vermutlich anders interpretiert oder weiterspinnt, aber Hoffnung. Ein gelungenes Werk.
Buchinfos Autor: Christopher Wilson Titel: Guten Morgen, Genosse Elefant Originaltitel: The Zoo Verlag: Kiepenheuer & Witsch erschienen: 16.08.2018 ISBN: 978-3-462-05076-9 Seitenanzahl: 272 Aufmachung: gebunden mit SU und Lesebändchen Genre: Roman | Literatur Anmerkung: Vielen Dank an die Verlagsvertretung für die Zusendung dieses Rezensionsexemplares!